Düsseldorfer Tabelle ab 01.01.10

Weitgehend unbemerkt gibt es seit dem 01.01.2010 in der Düsseldorfer Tabelle einen erheblichen Unterschied.

Die ausgewiesenen Beträge beziehen sich auf die Unterhaltspflicht nun nur noch gegenüber einem (geschiedenen) Ehegatten und einem Kind (früher einem Ehegatten und zwei Kindern). Besteht die Unterhaltspflicht nur gegenüber einer Person ist im Regelfall eine Höherstufung in die nächste Einkommensgruppe vorgesehen. Besteht die Unterhaltspflicht gegenüber mehreren Personen, also z.B. einem Ehegatten und zwei Kindern, ist eine Abstufung um eine halbe oder ganze Einkommensgruppe denkbar.

In der Praxis noch unbemerkter ist eine Konsequenz, die sich meines Erachtens daraus für dynamische Unterhaltstitel, z.B. in Jugendamtsurkunden, ergibt.

Z.B. ein gegenüber einem getrennt lebenden/ geschiedenen Ehegatten und zwei Kindern Unterhaltspflichtiger könnte nunmehr eine Herabsetzung des Prozentsatzes des Unterhalts um bis zu einer ganzen Stufe begehren. Das macht immerhin einen Unterschied von 5% vom Mindestbedarf bzw. 15 € bis 35 € aus. Es führt dazu, dass trotz der scheinbaren Erhöhung der Unterhaltsbeträge die Zahllast für Unterhaltspflichtige ab 01.01.2010 gegenüber 2009 annähernd gleich bleibt.

Wichtig ist allerdings, dass im Streitfall der Unterhaltstitel nur durch einen beim Familiengericht zu stellenden Abänderungsantrag herabgesetzt werden kann.

Muster DL-InfoVO

Wir berichteten bereits unter dem Titel Da wiehert der Anwalt. Selbstverständlich, und das nehmen die meisten Kollegen nicht wahr, hat sich auch der Gesamtvorstand der Rechtsanwaltkammer Berlin am 14.04.2010 mit dem Thema befaßt und lange zuvor auf der politischen Ebene die Bundesrechtsanwaltskammer.

Der Unsinn ließ sich nicht verhindern. Die BRAK hat ausführliche Informationen zum Thema erstellt und auch ein Formblatt entworfen.

Infos BRAK DL-InfoVO

Hurra! Waffen beschlagnahmt

Der Ticker der Berliner Polizei meldet Unglaubliches:

Bei Verkehrskontrolle Waffen beschlagnahmt
Mitte

# 1277

Polizeibeamte stießen gestern Nachmittag bei einer Verkehrskontrolle in Gesundbrunnen auf einen bewaffneten und mit Haftbefehl gesuchten Mann. Der 53-Jährige befuhr mit einem „BMW“ die Osloer Straße, als er kurz nach 14 Uhr von einer Streife wegen fehlender Haftpflichtversicherung angehalten wurde. Die Beamten stellten zunächst fest, dass der 53-Jährige zur Vollstreckung einer Geldstrafe per Haftbefehl gesucht wurde. Bei einer Durchsuchung des Mannes entdeckten die Polizisten eine geladene Schreckschusswaffe, ein Einhand- und ein Klappmesser sowie im Fahrzeug ein Tierabwehrspray. Nachdem entsprechende Ermittlungsverfahren eingeleitet, die Gegenstände beschlagnahmt und die offene Geldstrafe bezahlt wurde, entließen die Beamten den Mann.

Für die Schreckschusswaffe hätte er den kleinen Waffenschein lösen müssen. § 42a WaffG verbietet das Führen von Messern mit einhändig feststellbarer Klinge. Das sind die Messer, die man mit einer Hand aufklappen kann (ein wenig Geschicklichkeit vorausgesetzt) und die dann nicht wieder von alleine zuklappen, wenn man den Apfel aufschneidet. Es handelt sich auch nach dem Gesetz dabei nicht um eine Waffe. Es ist nachvollziehbar, daß diese Gegenstände beschlagnahmt wurden, ist doch das Führen dieser Gegenstände ohne Erlaubnis verboten.

Aber warum ist das Klappmesser und das Tierabwehrspray beschlagnahmt worden? Ist der BMW auch beschlagnahmt worden? Dieses Waffengesetz und seine Anwendung werden immer undurchsichtiger.

You made my day!

Dienstage gelten bei mir als Irrentage.

Der letzte Posteingang des Tages rettet mir jedoch nicht nur den Tag, sondern die ganze Woche – ach was, den ganzen Monat!

Ich habe einen der Steuerhinterziehung Verdächtigen verteidigt, der für mich nicht mehr erreichbar ist, vielleicht hat er sich abgesetzt. Seit Jahren bin ich der Ansicht, daß der Verteidiger, der eine Vollmacht vorlegt, in der Regel einen Kunstfehler begeht. Einzelheiten dazu finden Sie auf unserer Seite , auch auf diesem Blog und der Kollege Hoenig wird nicht müde, es gebetsmühlenartig immer wieder zu wiederholen, und das Thema hat sogar einen eigenen Blog.

Die Steuerfahndung fordert also die Vollmacht an. Ich verweise auf unsere Seite und tatsächlich druckt die Steuerfahndung die Seite aus, nimmt sie zur Akte und fordert nicht weiter die Vorlage der Vollmacht, die Sache wird an das Amtsgericht abgegeben, das einen Strafbefehl erläßt und mir zustellt.

Ich will ein lieber Verteidiger in Steuerstrafsachen sein und weise das Gericht daraufhin, daß ich nicht Zustellungsbevollmächtigter bin und sich keine Vollmacht in der Akte befindet (dort ist ja unter anderem die diesbezüglich Korrespondenz mit der Steuerfahndung und der mehrseitige Ausdruck unseres Beitrages aus der Website). Daraus folgt, daß der Strafbefehl wohl nicht rechtskräftig werden kann.

Die Antwort des Gerichtes besteht aus einem Satz:

In der Strafsache gegen Rudi Ratlos wird um Übersendung der Vollmacht gebeten.

Zur Vermeidung einer längeren Brieffreundschaft werde ich wohl nicht antworten.

Richterin EGMR Schlichterin der BRAK

Ich sitze erstarrt vor der Pressemeldung und kann es nicht glauben. Ich habe erst gedacht, ich sitze einer gut gemachten Ente auf.

Es ist aber wahr, die Bundesrechtsanwaltskammer hat die ehemalige Richterin am Bundesverfassungsgericht Renate Renate Jaeger zur Schlichterin der Schlichtungsstelle der Bundesrechtsanwaltskammer bestellt. Die Pressemeldung vom 03.05.2010:

Dr. Renate Jaeger, zurzeit noch Richterin am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg, wird zukünftig bei Konflikten zwischen Rechtsanwälten und Mandanten vermitteln. BRAK-Präsident Axel C. Filges hat Dr. Renate Jaeger zur Schlichterin der Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft bestellt. Ihre Amtszeit am EGMR endet am 31. Dezember 2010. Im Anschluss wird sie der neuen, unabhängigen Schlichtungsstelle zur Verfügung stehen. Die Einrichtung der Schlichtungsstelle geht auf eine Initiative der BRAK zurück.

BRAK-Präsident Axel C. Filges erläuterte seine Entscheidung: „Mit Dr. Renate Jaeger haben wir eine herausragende Persönlichkeit und international renommierte Juristin als Schlichterin gewinnen können. Zwischen Anwalt und Mandant besteht ein besonderes Vertrauensverhältnis. Frau Dr. Jaeger wird angesichts ihrer großen Berufs- und Lebenserfahrung hervorragend in der Lage sein, hier entstandene Missverständnisse schnell aufzuklären und unbürokratische Lösungen zu finden.

Dr. Renate Jaeger betonte: „Ich freue mich sehr auf meine neue Aufgabe. Sie gibt mir die Möglichkeit, die Selbstverwaltung der deutschen Anwaltschaft dabei zu unterstützen, noch mehr Verantwortung gegenüber dem Verbraucher zu übernehmen und die Gerichte zu entlasten. Im Zuge meiner beruflichen Laufbahn – zunächst als Sozialrichterin, später als Verfassungsrichterin und nun als Richterin am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte – habe ich mich unter anderem auch detailliert mit dem Recht der freien Berufe befasst.“

Die Schlichterin wird in wesentlichen Fragen durch einen Beirat beraten. Dieser besteht aus Mitgliedern des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags, Vertretern der Verbraucherverbände und der Versicherungswirtschaft sowie auf dem Gebiet des Haftungs- und Gebührenrechts versierten Rechtsanwälten. Der Vorsitzende des Beirats und zugleich BRAK-Vizepräsident Hansjörg Staehle: „Wir werden die Arbeit der Schlichterin aufmerksam begleiten und so zum Erfolg der Schlichtungsstelle beitragen.“

Am 24. März 1994 wurde Jaeger zur Richterin des Bundesverfassungsgerichts ernannt, wo sie Mitglied des Ersten Senats war. Wohl kein Verfassungsrichter hat so sehr das Berufsrecht der Rechtsanwälte geprägt wie Frau Jaeger. Wann immer das Bundesverfassungsgericht die Kammern abwatschte, stand ihr Name unter den Beschlüssen und Urteilen. Nach meiner Erinnerung zuletzt unter der Spezialistenentscheidung des BVerfG.

Der Pressemitteilung des BVerfG anläßlich ihres Ausscheidens aus dem Amt wegen der Ernennung zur Richterin am EGMR ist eine Liste der Entscheidungen angehängt, an denen sie als Berichterstatterin mitgewirkt hat: Pressemitteilung 96/2004

Bis vor sechs Jahren das „Rote Tuch“ der verfassten Anwaltschaft und nun Schlichterin für diese Anwaltschaft.

Wie sich die Zeiten ändern.

Update 30.12.2010:

Anläßlich des heutigen 70. Geburtstages veröffentlichte das BVerfG dieses Pressemitteilung:

Ehemalige Bundesverfassungsrichterin Dr. h. c. Renate Jaeger feiert ihren 70. Geburtstag

Morgen scheidet sie aus dem Amt der Richterein am Eurpäischen Gerichtshof für Menschenrecht.